Das radikale italienische Designkollektiv Archizoom Associati wurde 1966 in Florenz gegründet. Indem sie einen Standpunkt von Design-Vigilantismus einnahmen, kritisierten ihre Arbeiten den Modernismus und dessen innewohnende Tendenz eine konsum- und stilbesessene Gesellschaft zu fördern.
Archizooms Gründungsmitglieder – Andrea Branzi (geb. 1938), Gilberto Corretti (geb. 1941), Paolo Deganello (geb. 1940) und Massimo Morozzi (1941-2014) sowie die Designer Dario und Lucia Bartolini, die 1968 beitraten – lernten sich während des Studiums an der Fakultät für Architektur an der Universität in Florenz kennen; zu einer Zeit, die in Italien (und auch anderswo) von Konjunkturschwäche, Wohnungsknappheit und staatlichem Scheitern geprägt war.
Die Legende besagt, dass die jungen Architekten in Florenz durch den von Leonardo Savioli unterrichteten Kurs Spazio di coinvolgimento (Raum der Beteiligung) aufgerüttelt wurden. Dieser kritisierte die in der Gestaltung moderner Städte vorherrschende psychologische, soziale und spirituelle Entfremdung. Aus Saviolis Kurs gingen auch andere radikale, Anti-Design-Gruppen hervor, unter ihnen 9999, Superstudio, UFO, and Zziggurat. Zusätzlich ließen sich all diese italienischen Gruppen von den Werken des neofuturistischen britischen Architekturkollektivs Archigram und internationalen Vertretern der Pop Art inspirieren.
Archizoom erlangten erstmals Bekanntheit durch zwei antikommunistische Ausstellungen mit dem Titel Superarchitettura, die in Zusammenarbeit mit Superstudio zuerst 1966 in Pistoia und danach 1967 in Modena ausgerichtet wurden. Im darauffolgenden Jahr nahmen Archizoom an der ikonoklastischen Ausstellung Centro di Cospirazione Eclettica auf der Triennale in Mailand teil und entwarfen eine Serie theorieorientierter Pavillions, die in Ettore Sottsass’ Pianeta Fresco Magazin veröffentlicht wurden.
Archizooms beständigster und einflussreichster Beitrag zur Anti-Design-Bewegung war ihr 1969er No Stop City, ein ironischer Stadtentwicklungsplan einer künstlich beleuchteten, klimatisierten, endlosen Stadt, der die modernistische Ideologie an ihr logisches Extrem führt.
Archizoom wurden außerdem eingeladen an der wegweisenden 1972er Austellung Italy: The New Domestic Landscape im New Yorker Museum of Modern Art. teilzunehmen. Für diese epochenprägende Ausstellung installierten Archizoom Gray Room—eine nichtssagende Umgebung, die lediglich von einer Frauenstimme, die ein wunderschönes, farbenfrohes Haus beschreibt, belebt wird. Ausgestellt wurde dies neben Arbeiten anderer italienischer Visionäre wie 9999, Gae Aulenti, Mario Bellini, Joe Colombo, Gruppo Strum, Ugo La Pietra, Gaetano Pesce, Alberto Rosselli, Ettore Sottsass und Marco Zanuso mit Richard Sapper.
Bevor sie sich 1974 auflösten und die einzelnen Mitglieder getrennte Karrieren verfolgten, entwarfen Archizoom eine Reihe ikonischer Stücke für Poltronova: Superonda Sofa (1966), Safari Sofa (1966-7), Dream Bed (1967), und Mies Armchair (1969).
*Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von Centro Studi Poltronova, Graham Foundation und Frac Centre