Den britische Leuchtenhersteller Anglepoise kennt man vor allem für seine kultige dreifedrige Lampe mit Gelenkarm . Anglepoise startete direkt als Ikone im britischen Design; mit seiner gleichnamigen Lampe als revolutionäres Design, das Wohn- und Arbeitszimmer britischer Wohnungen und Büros durch das ganze zwanzigste Jahrhundert hinweg schmückte.
1931 entwickelte der selbstständige Ingenieur George Carwardine (1887 - 1947) ein theoretisches Konzept zur Messung von Gewicht mit Federn, Kurbeln und Hebelarmen. Er kombinierte seine eigene Erfindung mit einer Technik von 1855 des Federnherstellers Herbert Terry & Sons Ltd, die die Federn ständig unter Spannung hielt, und designte eine verstellbare und ausbalancierte Arbeitslampe. Die Lampe konnte so positioniert werden, wie der Nutzer es wünschte, und die Leuchte verbrauchte weniger Strom als andere Schreibtischlampen zu der Zeit. Das Design wurde patentiert und die erste vierfedrige Anglepoise Lampe ging 1933 in Produktion.
Von 1931 bis 1934 stellte Carwardine die Lampe in seiner eigenen Werkstatt in Bath her, aber bald konnte er der Nachfrage für sein verstellbares Meisterstück nicht mehr nachkommen und entschied sich dazu, Herbert Terry & Sons, derselben Firma, die ihn mit Federn belieferte und ihn zu dem originellen Mechanismus inspiriert hatte, eine Lizenz für das Design zu erteilen. 1935 kam die Original 1227 Lampe auf den Markt. Sie wurde von Carwardine und Terrys zu einer dreifedrigen Lampe überarbeitet. Diese wirkte weniger industriell als die vierfedrige und wurde als attraktiver für den Gebrauch in Wohnungen angesehen. Mit dieser Annahme lagen sie richtig und so wurde dieses Modell zum Archetypen des Unternehmens.
Während des Zweiten Weltkrieges musste die Produktion auf Grund fehlender Materialien heruntergeschraubt werden. Wie viele andere britische Unternehmen wollte auch Anglepoise die Kriegsbemühungen unterstützen. So passten sie im Jahr 1939 ihre Lampe an und begannen mit der Produktion von Navigationsleuchten für Kampfflieger. 1986 wurde ein Wellington Kriegsflugzeug vom Grund des Loch Ness in Schottland geborgen und die Anglepoise-Lampe war nach fast vier Jahrzehnten immer noch voll funktionsfähig und einsatzbereit. Das Flugzeug und die Lampe sind im Brooklands Museum in Surrey erhalten und die Geschichte fand ihren Weg in die britische Folklore. Es gibt mehr als eine Geschichte, die ihren Weg in die Popkultur fand; die kultige verstellbare Silhouette hat viele Musiker, Künstler, Designer und Schriftsteller inspiriert. 1979 veröffentlichte die Protopunk-Band The Soft Boys (I want to be an) Anglepoise Lamp. In Salman Rusdies preisgekrönten Roman Midnight’s Children bezieht sich der Protagonist wiederholt auf das Licht der Anglepoise Lampe. Außerdem kreierte der innovative Bildhauer David March 1985 The Giant Hand Sculpture named Knuckle Shuffle aus 360 schwarzen Anglepoise Lampen.
In den frühen Zweitausendern, als das Unternehmen von vielen günstigeren Kopien und Imitationen fast vom Markt gedrängt wurde, verlegten John und Simon Terry - Enkelsöhne des Gründers - das Unternehmen nach Portsmouth und führten Anglepoise als internationale Premium-Marke wieder ein. 2003 wurde der Designer Sir Kenneth Grange - dem verschiedene Konzepte wie der Kenwood Mixer, der Intercity 125 Zug und das moderne London-Taxi zu verdanken sind - zum neuen Designdirektor von Anglepoise. Im selben Jahr entwarf er die Type 3 Desk Lamp.
Zum 75. Jubiläum 2009 wurde die Anglepoise Original 1227 neben anderen Kultstücken britischen Designs auf eine Briefmarke der Royal Mail gedruckt. Die Designer Paul Smith und Margaret Howell sind seit Kurzem auch Teil von Anglepoise. 2015 wurde die Anglepoise-Lampe vom Designmuseum in London in die Ausstellung Extraordinary Stories about Ordinary Things aufgenommen. Anglepoise-Lampen sind außerdem im Victoria & Albert Museum in London und auf der Wanderausstellung Lightopia des Vitra Design Museumszu sehen.